Tag der Erwachsenenbildung 2024 - Beratung zwischen Person und Organisation
Kurzbericht zur Tagung Beratung zwischen Person und Organisation
Am 07.06.2024 fand die diesjährige Tagung „Beratung zwischen Person und Organisation“ des Teams Erwachsenen-/Weiterbildung vom Institut für Erziehungswissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz statt. Organisiert wurde die Veranstaltung erneut von Prof. Dr. Sebastian Lerch und Jun.-Prof.'in Dr. Julia Koller gemeinsam mit dem gesamten Team Erwachsenen-/Weiterbildung. Insgesamt nahmen über 80 Teilnehmende aus Wissenschaft, Praxis, Politik und der Studierendenschaft teil, um über das Thema „Beratung zwischen Person und Organisation“ zu diskutieren.
Den Auftakt machte Prof. Dr. Bernd Käpplinger (Justus-Liebig-Universität Gießen). In seiner Keynote sprach er über Beratung zwischen Mythos, Mantra und Manifestation. Er verdeutlichte, dass laut dem Adult Education Survey (AES) hochgerechnet 7,7 Millionen Menschen einen Bedarf nach Bildungsberatung haben, dieser jedoch nicht gedeckt wird. Es wurde die Frage aufgeworfen, inwiefern sich Beratung und Coaching an Bevölkerungs- und Nutzungsperspektiven orientieren oder ob es sich um einen primär angebotsgetriebenen Quasi-Markt handelt. Gleichzeitig verändert sich die öffentlich geförderte Beratungslandschaft, was durch systematisches Monitoring und eine Professionalisierungsbewegung unterstützt werden sollte. Letztendlich braucht es auch Mythen und Geschichten zu Beratung und Coaching, um zukünftige Visionen zu stärken.
Nach diesem Impuls von Prof. Dr. Käpplinger konnten die Gäste bei Essen und Getränken über den Markt der Möglichkeiten schlendern. Sie hatten dort die Gelegenheit, verschiedene Arbeitsfelder und Projekte der Erwachsenenbildung kennenzulernen, sich zu vernetzen und sich auszutauschen. Anschließend fanden verschiedene Workshops statt, die den Teilnehmenden vielfältige Perspektiven auf das Feld „Beratung zwischen Person und Organisation“ boten.
Im Workshop „Die Schlüsselrolle von Beratung und Coaching für die berufliche Entwicklung“ stellten Claudia Ackermann und Ingrid Weinreich von FRESKO e.V. aus Wiesbaden ihre Beratungsarbeit vor. Im Zentrum stehen die Bedürfnisse und Kompetenzen von Beschäftigten sowie ihre beruflichen Perspektiven und Möglichkeiten. Problematisch in der Beratungsarbeit sind häufig die Finanzierungsmöglichkeiten, da langfristige Beratungsaktivitäten aufgrund von Projektlaufzeiten und Fördermöglichkeiten schwierig umzusetzen sind. In ihrer Arbeit werden gemeinsam mit den Ratsuchenden Fähigkeiten und Kompetenzen analysiert, Ziele festgelegt und strukturiert. So kann auf individuelle Bedürfnisse optimal eingegangen und passgenaue Zukunftsvisionen entwickelt werden.
Der Workshop „Beratung professionalisieren“ wurde von Sonja Lux und Mark Reinhard vom Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung (ZWW) der Johannes Gutenberg-Universität geleitet und beschäftigte sich mit Aspekten von Weiterbildungsangeboten anhand zweier Beispiele: dem Zertifikatsstudium zu personenbezogener Beratung und dem „Flexi-Master Coaching – Training – Beratung“. Hierbei rückten individuelle Berufsbiografien stärker in den Fokus. Die Steigerung der persönlichen und individuellen Professionalität der Beratenden stellt einen Kernbeweggrund für die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen dar. Dabei spielt auch die Qualitätssteigerung, beispielsweise durch die Erlangung von Zertifikaten, eine Rolle.
Im Workshop „Beratung in Bildung, Beruf und Beschäftigung (BBB)“ von Dr. Kathrin Ellwart und Rainer Thielwurden Menschen in allen Phasen ihrer Bildungs- und Berufslaufbahn genauer betrachtet. Dabei fokussierten die beiden ReferentInnen unterschiedliche Schwerpunkte des BBB-Beratungsangebots und beleuchteten institutionelle, subjektorientierte und theoretische Aspekte. Sie diskutierten die Zielgruppen, die Haltung im Rahmen eines Beratungsangebots und die Möglichkeiten der Zielsetzung. Abschließend wurde auch die wissenschaftliche Perspektive betrachtet.
„Fragen wir doch die KI!“ war der Titel des Workshops von Joshua Dohmen (Universität Koblenz). Anhandeiner Planspiel-Sequenz wurde erarbeitet, wie künstliche Intelligenz in organisationalen Beratungs- und Entscheidungsprozessen agiert. Hierbei wurde deutlich, dass KI nur so gut sein kann, wie die Trainingsdaten, mit denen sie gefüttert wurde. Es wurde verdeutlicht, welche Wirkmechanismen hinter einem KI-generierten Auswahlprozess stecken und wie sich diese von den Überlegungen der Workshopgruppe unterschieden.
Die Arbeitsgruppe „Mehrwert von Sensibilisierung für die Beratung in der Volkshochschule am Beispiel Grundbildung“ von Lisa Göbel des vhs-Verbandes Rheinland-Pfalz setzte sich vertiefend mit der Thematik der Professionalisierung auseinander. Im Rahmen der Gruppe wurden im Selbstversuch kleine Übungen gemacht, die die Bedeutung von Sensibilität im professionellen pädagogischen Handeln verdeutlichten. Sensibilisierung und Beratung wurden als relevante Stellschrauben herausgearbeitet, um die Professionalisierung auf organisationaler Ebene voranzutreiben.
Im Workshop „Beratung für lebensentfaltende Bildung“ gingen Dr. Ellwart und Herr Thiel vertiefend auf den Begriff der Bildung ein und betrachteten ihn aus einer analytischen Perspektive. Sie stellten die Vielfältigkeit des Begriffs dar und beleuchteten seinen Facettenreichtum. Wie bereits im Kontext ihres Workshops „Beratung in Bildung, Beruf und Beschäftigung (BBB)“ wurde das Spannungsfeld von Person und Organisation betrachtet. Diesmal lag der Fokus jedoch stärker auf dem Subjekt. Es wurde deutlich, dass sowohl Bildung als auch das Subjekt vielfältig sind und beide von dieser Vielfältigkeit profitieren können.
Der Umfang des Themenkomplexes „Beratung zwischen Person und Organisation“ lässt sich anhand dieser kurzen Einblicke bereits erahnen, und es wird deutlich, dass er noch nicht ausgeschöpft ist. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese Vielfältigkeit das Verständnis von Beratung im Diskurs prägt. Im Rahmen der Tagung wurde zudem deutlich, dass es noch viele ungenutzte Potenziale gibt, die es durch die Zusammenarbeit zwischen Theorie und Praxis zu entdecken gilt.
Wieder einmal konnte die Tagung einen wichtigen Ort der Begegnung und Vernetzung zwischen den unterschiedlichen Feldern und Gruppen der Erwachsenenbildung schaffen. Die Veranstaltung war ein erfolgreiches Forum des Austausches, in dem nachhaltige Kanäle geschaffen wurden, die das stetige Bearbeiten des Themas ermöglichen.
Wir möchten uns ganz herzlich bei allen Teilnehmenden, Referierenden und studentischen Helfenden bedanken! Ohne Ihre Unterstützung und rege Beteiligung wäre der Tag nicht derselbe gewesen. Wir freuen uns schon auf den nächsten Anlass!
Dankeschön, das Team Erwachsenen-/Weiterbildung!